Die Radical Psychiatry Bewegung ist Ende der 1960er Jahre in Berkeley (Kalifornien) als Gegenbewegung zur damaligen Psychiatrie entstanden - wobei mit Psychiatrie nicht stationäre Einrichtungen, sondern das Fachgebiet der Seelenheilkunde gemeint war. Das "radikale" der RP bestand darin, dass die psychischen Leiden der Menschen nicht lediglich als individuelle Probleme, sondern auch vor dem Hintergrund der gesellschaftlich existierenden Unterdrückungs- und Machtverhältnisse betrachtet wurden. So wurde eine kritische Analyse gesellschaftlicher Bedingungen, Werte und Normen vorgenommen und deren Auswirkungen auf die Lebensqualität der Menschen untersucht, um auf dieser Basis geeignete Ansätze der psychotherapeutischen Bearbeitung zu entwickeln. Durch den Transaktionsanalytiker Claude Steiner (langjähriger Schüler und Freund von Eric Berne, dem Begründer der TA) wurde die Radical Psychiatry eng mit der Transaktionsanalyse verknüpft.

 

Im Rahmen der Radical Psychiatry Bewegung wurden diverse Gruppenangebote entwickelt - wie z.B. die sog. "Problem-Solving Groups" (Problemlösungsgruppen). Dabei handelte es sich um lösungsorientiert und kontraktbasierend arbeitende Gruppen, in denen die wesentliche Aspekte der heute in Deutschland praktizierten Radikalen Therapie entwickelt wurden. Es wurde in Frauengruppen, Männergruppen und gemischtgeschlechtlichen Gruppen gearbeitet. Dort wurde u.a. auch das Konzept "Emotional Literacy" entwickelt, welches sich in seinen Grundideen nun in der Radikalen Therapie wiederfindet und in Deutschland im Übrigen auch als gesondertes Training unter der Bezeichnung "Emotionale Kompetenz" praktiziert wird.